Oktober 2022
Eine wundersame Geburtsreise
Seit einiger Zeit hatte ich einen großen Wunsch. Ich träumte davon als Fotografin eine Geburt zu begleiten. Ende letzten Jahres schrieb ich es sogar auf mein Visionsboard für das Jahr 2022. Ich telefonierte bereits mit einigen Hebammen bei mir in der Nähe, sprach mit Geburtshäusern und vertraute dann doch darauf, dass die Geburtsfotografie irgendwie zu mir finden wird. Es fühlte sich für mich nicht richtig an bei solch einem intimen Ereignis explizit danach zu suchen. Meinen Traum legte ich beiseite und vertraute.
"Die Magie von einem Abschied und einem Neuanfang. Alles zur selben Zeit. "
Kein Erlebnis wird die Geburt des eigenen Kindes und den Prozess des Eltern und Schwester/Bruder werdens übertreffen können. Ein neues Leben in die Welt zu begleiten ist etwas Unglaubliches - ein wahres Wunder. Ein Moment, den man selbst oft nur wie eine Art Traum wahrnimmt. Ein Zeitdokument, um rückblickend diesen Augenblick der ersten Begegnung und Berührung des eigenen Kindes in den Händen zu halten, wird unbeschreiblich sein. Weil ich weiß, dass oft ein unsichtbarer Schleier über einer Geburt hängt, möchte ich diesen Moment für Familien festhalten. Mir geht es nicht rein um den Geburtsprozess - ich möchte die sanfte Stärke, die erste Begegnung und all das Verschwommene festhalten und eine Erinnerung schaffen, die es ermöglicht auf andere Weise noch einmal zu fühlen und spüren.
An einem Tag im März passierte alles dann Schlag auf Schlag. Meine Freundin schrieb mir ganz aufgeregt, dass sie mich einer Familie als Geburtsfotografin empfohlen hat. Sie seien wohl auf der Suche. Etwas später schrieb mir Eefke und berichtete über ihre Pläne und Gedanken. Wir verabredeten uns zu einem Telefonat.
Wie soll ich es erklären? Von Anfang an hat einfach alles gepasst. Dieses Telefonat fühlte sich so vertraut an, als würden wir uns schon ewig kennen und ich wusste insgeheim, dass das genau das war, worauf ich gewartet und gehofft habe: Verbundenheit. Und das über die Geburt hinaus. Die darauffolgenden Wochen wurde es aufregend. Nach einem ersten persönlichen Kennenlernen und dem näher rückenden Geburtstermin wich mir mein Telefon nicht mehr von der Seite und Eefke und ich blieben in ständigem liebevollen Kontakt.
Pfingstmontag und nur noch ein verbleibender Tag Zeit für eine Hausgeburt.
Ich fühlte so mit und hoffte so sehr, dass sich Eefke‘s und Torben’s Wunsch erfüllen wird und sie ihren Sohn Zuhause empfangen können. Ich hatte schon im Gefühl, dass ich losfahren würde, packte meine Tasche ins Auto und gab die Adresse in mein Telefon ein. Bis der langersehnte Anruf von Eefke kam, buddelte ich in meinem Garten herum und kochte das Abendessen für meine Familie. Und still und heimlich wusste ich, dass der vierte Teller für mich nicht notwendig sein wird.
Plötzlich klingelte mein Telefon und meine erste Reaktion nachdem ich den Hörer abnahm war: „Eefke, ich freue mich so für euch. Um 19.30 Uhr bin ich bei euch.“ Ich fuhr los, meine Lieblingsplaylist lief und die Zeit verlief im Nu. Es fühlte sich an, als würde ich liebe Freunde besuchen. Ein Besuch, der ganz besonderen Art.
Mit etwas zittrigen Beinen lief ich den Hebammen direkt in die Arme: Die Geburt würde wohl noch etwas brauchen. Die Enttäuschung war Eefke und Torben wie ins Gesicht geschrieben, doch man spürte eine enge Verbundenheit, dass alles gut werden wird.
Ja, alles zu seiner Zeit.
Während ich mein kleines Zimmer bezog, das Feuer im Kamin loderte, Torben den Geburtspool vorbereitete (inkl. sehr lustigem Wassermalheur) veratmete Eefke eine Wehe nach der anderen. Und ich merkte, wie jede Wehe ein wenig intensiver wurde. Ich bestärkte Eefke, dass es nun nach Geburt aussehen würde und sah eine große Erleichterung in ihren Augen.
Ein wenig später stieg Eefke in die Wanne, es sah deutlich nach Geburtsbeginn aus und die Hebammen kamen wieder. Ich spürte bei mir eine leichte Anspannung und Nervosität. Die Sorge, ich könnte störend während der Geburt sein machte mich etwas unruhig. Ich saß oft auf dem Boden, außerhalb des Blickfelds von allen, verließ immer mal wieder den Raum und lauschte den Geräuschen im Wohnzimmer. Manchmal fühlte ich mich sogar ein wenig unsichtbar.
Ich hörte nun, dass Eefke aus der Wanne stieg um eine kleine Pause zu machen. Die Wehe, die nun folgte, verriet, dass das kleine Baby nicht im Wasser geboren wird. Eefke lehnte am Holzbalken und eine Veränderung der Wehen-Intensität war deutlich zu merken.
Es war karibisch-warm. Ich hatte das Gefühl, ich glühte von Innen nach Außen und anders herum. Auch mein ISO-Wert befand sich bereits auf Anschlag und meine Kamera glühte von der Wärme des Kamins. Ich spielte Ping-Pong mit beiden Kameras, damit sich eine immer wieder etwas abkühlen konnte.
Ich trank einen Schluck Tee in der Küche und schaute auf die Uhr. Es war Mitternacht. Am Fenster funkelten die Regentropfen, der Himmel sah aus wie in graublaue Farbe getunkt und das Feuer im Kamin knisterte. Eefke lehnte über der Tischkante, den Körper weit nach unten gebeugt und Torben‘s eine Hand fest um Eefke‘s Hand geschlungen, die andere Hand schützend um das kleine Mädchen auf seinem Arm. Das die drei alle gemeinsam ihr neuestes Familienmitglied empfangen würden, erfüllte mich in diesem Moment aus tiefstem Herzen. Meine Augen füllten sich mit Tränen und meine Hände begannen zu zittern. Ich fühlte mich federleicht vor Freude und gleichzeitig überkam mich eine Anspannung, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Während der letzten Wehen merke ich eine Art Starrheit, die ich noch Tage später in meinen ganzen Körper spürte. Diese Stärke von uns Frauen, die sanfte und doch kräftige letzte Phase der Geburt aus dieser Perspektive zu erleben, war und ist unglaublich. In meinem Kopf wandere ich zwischen Gedanken, wie „Wie unglaublich sind wir Frauen?“ und „Passiert das jetzt hier wirklich?“ hin und her.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie das kleine Handtuch vor dem Kamin erwärmt wird, um das kleine Menschlein gleich sanft einzuhüllen. Ich stand hinter den Hebammen, sah wie sie J. liebevoll in diese Welt begleiteten, Torben und G., die zusammen mit Eefke kämpften und Eefke, die in zwei Welten zu sein schien. Eine so starke Frau, wie ich es so noch nie gesehen habe. Und dann der erste Schrei und alles war sofort vergessen.
Ich beobachte wie Eefke ihren Sohn zu sich zieht, als wäre er schon immer ein Teil von ihr gewesen. Ich sehe Erleichterung, Euphorie und Erschöpfung in einem. Auch ich fühle mich, wie in zwei Welten, während die Hebammen so professionell und voller Hingabe ihren Routinen nachgehen. Die Hebammen und ich verlassen alle gleichzeitig den Raum, um den vieren ein wenig Zeit zu geben. Ich stehe völlig neben mir, würde am liebsten alle umarmen und gleichzeitig weinen und schreien vor Glück. Es war nicht nur Geburt. Es war Magie.
Die Magie von einem Abschied und einem Neuanfang. Alles zur selben Zeit.
Oktober 2022
Eine wundersame Geburtsreise
Seit einiger Zeit hatte ich einen großen Wunsch. Ich träumte davon als Fotografin eine Geburt zu begleiten. Ende letzten Jahres schrieb ich es sogar auf mein Visionsboard für das Jahr 2022. Ich telefonierte bereits mit einigen Hebammen bei mir in der Nähe, sprach mit Geburtshäusern und vertraute dann doch darauf, dass die Geburtsfotografie irgendwie zu mir finden wird. Es fühlte sich für mich nicht richtig an bei solch einem intimen Ereignis explizit danach zu suchen. Meinen Traum legte ich beiseite und vertraute.
"Die Magie von einem Abschied und einem Neuanfang. Alles zur selben Zeit. "
Kein Erlebnis wird die Geburt des eigenen Kindes und den Prozess des Eltern und Schwester/Bruder werdens übertreffen können. Ein neues Leben in die Welt zu begleiten ist etwas Unglaubliches - ein wahres Wunder. Ein Moment, den man selbst oft nur wie eine Art Traum wahrnimmt. Ein Zeitdokument, um rückblickend diesen Augenblick der ersten Begegnung und Berührung des eigenen Kindes in den Händen zu halten, wird unbeschreiblich sein. Weil ich weiß, dass oft ein unsichtbarer Schleier über einer Geburt hängt, möchte ich diesen Moment für Familien festhalten. Mir geht es nicht rein um den Geburtsprozess - ich möchte die sanfte Stärke, die erste Begegnung und all das Verschwommene festhalten und eine Erinnerung schaffen, die es ermöglicht auf andere Weise noch einmal zu fühlen und spüren.
An einem Tag im März passierte alles dann Schlag auf Schlag. Meine Freundin schrieb mir ganz aufgeregt, dass sie mich einer Familie als Geburtsfotografin empfohlen hat. Sie seien wohl auf der Suche. Etwas später schrieb mir Eefke und berichtete über ihre Pläne und Gedanken. Wir verabredeten uns zu einem Telefonat.
Wie soll ich es erklären? Von Anfang an hat einfach alles gepasst. Dieses Telefonat fühlte sich so vertraut an, als würden wir uns schon ewig kennen und ich wusste insgeheim, dass das genau das war, worauf ich gewartet und gehofft habe: Verbundenheit. Und das über die Geburt hinaus. Die darauffolgenden Wochen wurde es aufregend. Nach einem ersten persönlichen Kennenlernen und dem näher rückenden Geburtstermin wich mir mein Telefon nicht mehr von der Seite und Eefke und ich blieben in ständigem liebevollen Kontakt.
Pfingstmontag und nur noch ein verbleibender Tag Zeit für eine Hausgeburt.
Ich fühlte so mit und hoffte so sehr, dass sich Eefke‘s und Torben’s Wunsch erfüllen wird und sie ihren Sohn Zuhause empfangen können. Ich hatte schon im Gefühl, dass ich losfahren würde, packte meine Tasche ins Auto und gab die Adresse in mein Telefon ein. Bis der langersehnte Anruf von Eefke kam, buddelte ich in meinem Garten herum und kochte das Abendessen für meine Familie. Und still und heimlich wusste ich, dass der vierte Teller für mich nicht notwendig sein wird.
Plötzlich klingelte mein Telefon und meine erste Reaktion nachdem ich den Hörer abnahm war: „Eefke, ich freue mich so für euch. Um 19.30 Uhr bin ich bei euch.“ Ich fuhr los, meine Lieblingsplaylist lief und die Zeit verlief im Nu. Es fühlte sich an, als würde ich liebe Freunde besuchen. Ein Besuch, der ganz besonderen Art.
Mit etwas zittrigen Beinen lief ich den Hebammen direkt in die Arme: Die Geburt würde wohl noch etwas brauchen. Die Enttäuschung war Eefke und Torben wie ins Gesicht geschrieben, doch man spürte eine enge Verbundenheit, dass alles gut werden wird.
Ja, alles zu seiner Zeit.
Während ich mein kleines Zimmer bezog, das Feuer im Kamin loderte, Torben den Geburtspool vorbereitete (inkl. sehr lustigem Wassermalheur) veratmete Eefke eine Wehe nach der anderen. Und ich merkte, wie jede Wehe ein wenig intensiver wurde. Ich bestärkte Eefke, dass es nun nach Geburt aussehen würde und sah eine große Erleichterung in ihren Augen.
Ein wenig später stieg Eefke in die Wanne, es sah deutlich nach Geburtsbeginn aus und die Hebammen kamen wieder. Ich spürte bei mir eine leichte Anspannung und Nervosität. Die Sorge, ich könnte störend während der Geburt sein machte mich etwas unruhig. Ich saß oft auf dem Boden, außerhalb des Blickfelds von allen, verließ immer mal wieder den Raum und lauschte den Geräuschen im Wohnzimmer. Manchmal fühlte ich mich sogar ein wenig unsichtbar.
Ich hörte nun, dass Eefke aus der Wanne stieg um eine kleine Pause zu machen. Die Wehe, die nun folgte, verriet, dass das kleine Baby nicht im Wasser geboren wird. Eefke lehnte am Holzbalken und eine Veränderung der Wehen-Intensität war deutlich zu merken.
Es war karibisch-warm. Ich hatte das Gefühl, ich glühte von Innen nach Außen und anders herum. Auch mein ISO-Wert befand sich bereits auf Anschlag und meine Kamera glühte von der Wärme des Kamins. Ich spielte Ping-Pong mit beiden Kameras, damit sich eine immer wieder etwas abkühlen konnte.
Ich trank einen Schluck Tee in der Küche und schaute auf die Uhr. Es war Mitternacht. Am Fenster funkelten die Regentropfen, der Himmel sah aus wie in graublaue Farbe getunkt und das Feuer im Kamin knisterte. Eefke lehnte über der Tischkante, den Körper weit nach unten gebeugt und Torben‘s eine Hand fest um Eefke‘s Hand geschlungen, die andere Hand schützend um das kleine Mädchen auf seinem Arm. Das die drei alle gemeinsam ihr neuestes Familienmitglied empfangen würden, erfüllte mich in diesem Moment aus tiefstem Herzen. Meine Augen füllten sich mit Tränen und meine Hände begannen zu zittern. Ich fühlte mich federleicht vor Freude und gleichzeitig überkam mich eine Anspannung, mit der ich so nicht gerechnet hatte. Während der letzten Wehen merke ich eine Art Starrheit, die ich noch Tage später in meinen ganzen Körper spürte. Diese Stärke von uns Frauen, die sanfte und doch kräftige letzte Phase der Geburt aus dieser Perspektive zu erleben, war und ist unglaublich. In meinem Kopf wandere ich zwischen Gedanken, wie „Wie unglaublich sind wir Frauen?“ und „Passiert das jetzt hier wirklich?“ hin und her.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie das kleine Handtuch vor dem Kamin erwärmt wird, um das kleine Menschlein gleich sanft einzuhüllen. Ich stand hinter den Hebammen, sah wie sie J. liebevoll in diese Welt begleiteten, Torben und G., die zusammen mit Eefke kämpften und Eefke, die in zwei Welten zu sein schien. Eine so starke Frau, wie ich es so noch nie gesehen habe. Und dann der erste Schrei und alles war sofort vergessen.
Ich beobachte wie Eefke ihren Sohn zu sich zieht, als wäre er schon immer ein Teil von ihr gewesen. Ich sehe Erleichterung, Euphorie und Erschöpfung in einem. Auch ich fühle mich, wie in zwei Welten, während die Hebammen so professionell und voller Hingabe ihren Routinen nachgehen. Die Hebammen und ich verlassen alle gleichzeitig den Raum, um den vieren ein wenig Zeit zu geben. Ich stehe völlig neben mir, würde am liebsten alle umarmen und gleichzeitig weinen und schreien vor Glück. Es war nicht nur Geburt. Es war Magie.
Die Magie von einem Abschied und einem Neuanfang. Alles zur selben Zeit.
0172 41 65 132
©2024 Janine Oswald
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