Juni 2023
Über zwei Jahre dokumentierte ich dann unterschiedlichste Frauen und ihre Besonderheiten bis ich dann im Juni 2023 meine erste Ausstellung eröffnete. Über 100 Menschen durfte ich an zwei Tagen begrüßen, gemeinsam lachen und auch weinen. Ich hatte das Gefühl einer tiefen Verbundenheit von Frau zu Frau und dieser fremde Schmerz war plötzlich so nah und wurde liebevoll umarmt. Es war keine Ausstellung des schnellen Durchrauschens, viele blieben mehrere Stunden, verbanden sich untereinander. Allgemein fühlte sich alles an wie ein großes Gruppenkuscheln. Für immer werde ich dankbar sein für diese Erfahrung.
MARIA
„Meine dunklen Flecken erinnern mich an meine Abstammung. Wenn ich sie betrachte, sehe ich meine Großmutter, die mich mit den gleichen Flecken auf der Stirn liebevoll ansah. Meine mamá, die mir diesen Körper vererbt hat, der mich trägt und stützt, wo immer ich hingehe. Mein Körper ehrt meine Abstammung und Herkunft und ich möchte, dass mein Körper mich auch weiterhin so trägt, wie er es tut.“
"Ich hätte gern etwas geschrieben, aber da hat mich meine Besonderheit mal wieder im Stich gelassen."
MADELINE
JETTE
„Rezidivierende depressive Störung. Gegenwärtig schwere Episode“, steht da schwarz auf weiß. Und auch heute noch lese ich genau das nicht gern. Oft genug verachte ich mich für meine Erkrankung und fühle mich schuldig. Aber eine Depression ist kein Ergebnis einer freien Entscheidung. Sie fragt nicht. Sie ist da. Und stellt alles, was vorher selbstverständlich war, auf den Kopf. Während eines stationären Aufenthalts wollte ich eine Freundin und Mitpatientin zum Sport und anschließendem Eis essen abholen. Ich wusste, dass sie wieder Stracciatella nehmen würde. Ich liebäugelte mit einer Kugel Zitrone. Ich habe an ihrer Zimmertür geklopft, aber keiner hat geöffnet.
Sie hat sich ein paar Stunden zuvor das Leben genommen. Ihren Assistenzhund, der immer eine Kugel Vanilleeis erbetteln konnte, hat sie zurückgelassen. Sie hatte die Kraft nicht mehr, der Depression noch etwas entgegenzusetzen. Und das Schlimme ist: Neben der Trauer und den Schuldgefühlen, konnte ich sie immer auch verstehen. Ich kenne die Ausmaße der verhängnisvollen Gemütskrankheit, bin ich doch selbst ein geschundenes Opfer von ihr. Und dennoch versuche ich, ihr meine stärkste Waffe entgegenzusetzen: Meinen Humor, denn: „Humor ist das tiefe Einverständnis mit der Absurdität unserer Existenz“. Ohne Humor würde ich vieles nicht durchstehen. Außerdem bin ich angewiesen auf viel Zeit. Und Menschen, die meine Gefühlsschwankungen mit mir aushalten. Die die Leere in mir aushalten und meinen uferlosen Grübeleien einen Rahmen geben. Ich habe versucht, meine unsichtbare Erkrankung sicht- und greifbar zu machen-für meine Familie & Freunde. Ich habe einen Brief an meine Depression geschrieben…eigentlich würde ich ihn gern öffentlich machen, aber er ist halt auch das Persönlichste, was ich je geschrieben habe. Auf jeden Fall hat er dabei geholfen, die Depression für Angehörige nachfühlbar zu machen und mich zu zeigen, wenn ich es am wenigsten kann.
So, wie diese Ausstellung: „Ich sehe was, was du nicht siehst“.
ANNA
Meine Besonderheit ist nicht äußerlich sichtbar. Weder Narben noch Male. Meine Besonderheit liegt im Inneren verborgen. Ich habe Multiplesklerose. Das bedeutet Alles und Nichts. Ich stehe noch ganz am Anfang. Nichts schränkt mich ein. Da ist nur diese dunkle Wolke, die mich stets begleitet. Ich mag meinen Körper so wie er ist… mittlerweile. Er hat drei Leben geschaffen. Ich bin etwas anderes als Kilos auf der Waage oder reine Haut. Ich bin Optimismus und Ruhe. Und in meinem Kopf ist eben eine Zeitbombe, aber das ist ok.
ANIKA
Wenn ich an mich und meinen Körper denke, darf ich mir eingestehen, dass wir schon sehr, sehr lange eine recht schwierige Beziehung führen.Annahme, Hingabe und Selbstliebe waren für mich immer sehr schwer. 3 Schwangerschaften, ein Kaiserschnitt, Stillen und gesundheitliche Probleme machten es nicht besser.
Im Gegenteil. Meine Haut ausgeleiert. Gerissen. Das Bindegewebe furchtbar. Mich zu zeigen, ohne meinen Schutzpanzer in Form von möglichst langer Bekleidung, machte etwas mit mir. Ich fühlte mich schutzlos. Ausgeliefert. Eben nackt. Ein unwohles Gefühl breitete sich in mir aus. Darum habe ich derartige Situationen immer bewusst gemieden. Das wollte ich nicht mehr und begab mich auf eine Reise. Eine Reise zu mir selbst. Eine Reise, dessen Ziel die Selbstliebe ist. Ich begann meinen Fokus zu verlagern. Den ewigen Kampf aufzugeben. Anzunehmen und dankbar zu sein. Mein Bewusstsein dafür zu sensibilisieren, wie wunderbar so ein Körper - mein Körper - doch eigentlich ist. Wie dankbar ich ihm dafür sein darf, dass er mich schon so viele Jahre durch das Leben begleitet. Ich in ihm ein Zuhause habe. Und was er für ein Wunderwerk ist. 3 Kinder durften in ihm heranwachsen. Sie wurden geboren und genährt. Und je mehr ich mir all dessen bewusst wurde, desto leichter wurde es, erstmals etwas wie Liebe für mich und meinen Körper zu empfinden.
Ich sehe Kreativität, Neugier und Lebensfreude. Ich sehe die Liebe zu gutem Essen, der Natur und den Romanen von Ewald Arenz. Doch vor allem sehe ich Unsicherheit. Die Unsicherheit darüber nicht zu genügen, etwas Falsches zu tun, nicht richtig zu sein. Für andere unsichtbar, sehe ich ihr tagtäglich ins Gesicht. Hinter meist lauter Präsenz versteckt sich der stumme Zweifel an der eigenen Wertigkeit. Tag für Tag begebe ich mich auf eine nicht enden wollende Suche nach etwas, das Sicherheit verspricht. Sicherheit darüber, dass es reicht – dass Ich reiche. Wohl wissend, dass diese nur im Selbst zu finden ist, ist es gerade das, was mir Angst macht. Und doch, auch wenn die Unsicherheit meine stetige Begleiterin ist, möchte ich mutig sein und frei. Ich lache, liebe und weine und erinnere mich so oft ich kann daran, dass es genau das ist, was mich ausmacht und was ich wertschätzen darf.
Du bist toll, genauso, wie du bist. Du darfst alles sein und du darfst auch deine Meinung ändern. Verstecke dich nicht. Das wäre ein Verlust. Sag deine Meinung, sie ist wichtig. Sag, was du denkst, deine Gedanken sind sind richtig, deine Gefühle auch! Deine Gefühle sind immer richtig, immer! Du bist schön, zeige dich. Frage, wenn du etwas nicht verstehst. Du hast immer eine Antwort verdient. Sei laut, wenn dir danach ist, bleib leise, wenn dir danach ist. Sei immer du. Sei. Denn du bist einmalig. Du bist. Und das ist genug.
Danke von Herzen an all die Frauen, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Für immer werde ich mich mit euch ganz besonders verbunden fühlen. Danke an meinen Mann, der mich immer so sehr unterstützt, für die Ausstellung geschraubt und gewerkelt hat und mir immer Mut zugesprochen hat, wenn ich es gebraucht habe. Danke an Pietro und Stefan von der Fotocompany Altona, die Stunden über Stunden mit mir in der Druckerei gesessen und über Format und Papier gefachsimpelt haben. Und danke meine liebe Anastazja, dass du immer ein offenes Ohr für mich hattest. Ich weiß nicht, ob ich es ohne dich so geschafft hätte. Auch bei meiner Freundin Laura möchte ich mich bedanken. Danke, dass du mir beim Aufbau geholfen hast und mit mir den ersten Sekt geköpft hast. Danke auch an meine liebe Anna, die diesen Tag mit einer Meditation eingeläutet hat und an Mia und Hendrik, die uns musikalisch begleitet haben. Und an Meike, die für mich ein paar Eindrücke mit ihrer Kamera festgehalten hat. Danke auch an Beyondtales-Studio für die wunderschöne Location und das Mitfiebern. Danke auch an alle die gekommen sind und die Last und Sorge, dass niemand kommen wird, weggepustet haben. Was für ein großer Tag und wunderbare Erfahrung!
Juni 2023
Über zwei Jahre dokumentierte ich dann unterschiedlichste Frauen und ihre Besonderheiten bis ich dann im Juni 2023 meine erste Ausstellung eröffnete. Über 100 Menschen durfte ich an zwei Tagen begrüßen, gemeinsam lachen und auch weinen. Ich hatte das Gefühl einer tiefen Verbundenheit von Frau zu Frau und dieser fremde Schmerz war plötzlich so nah und wurde liebevoll umarmt. Es war keine Ausstellung des schnellen Durchrauschens, viele blieben mehrere Stunden, verbanden sich untereinander. Allgemein fühlte sich alles an wie ein großes Gruppenkuscheln. Für immer werde ich dankbar sein für diese Erfahrung.
MARIA
„Meine dunklen Flecken erinnern mich an meine Abstammung. Wenn ich sie betrachte, sehe ich meine Großmutter, die mich mit den gleichen Flecken auf der Stirn liebevoll ansah. Meine mamá, die mir diesen Körper vererbt hat, der mich trägt und stützt, wo immer ich hingehe. Mein Körper ehrt meine Abstammung und Herkunft und ich möchte, dass mein Körper mich auch weiterhin so trägt, wie er es tut.“
"Ich hätte gern etwas geschrieben, aber da hat mich meine Besonderheit mal wieder im Stich gelassen."
MADELINE
JETTE
„Rezidivierende depressive Störung. Gegenwärtig schwere Episode“, steht da schwarz auf weiß. Und auch heute noch lese ich genau das nicht gern. Oft genug verachte ich mich für meine Erkrankung und fühle mich schuldig. Aber eine Depression ist kein Ergebnis einer freien Entscheidung. Sie fragt nicht. Sie ist da. Und stellt alles, was vorher selbstverständlich war, auf den Kopf. Während eines stationären Aufenthalts wollte ich eine Freundin und Mitpatientin zum Sport und anschließendem Eis essen abholen. Ich wusste, dass sie wieder Stracciatella nehmen würde. Ich liebäugelte mit einer Kugel Zitrone. Ich habe an ihrer Zimmertür geklopft, aber keiner hat geöffnet.
Sie hat sich ein paar Stunden zuvor das Leben genommen. Ihren Assistenzhund, der immer eine Kugel Vanilleeis erbetteln konnte, hat sie zurückgelassen. Sie hatte die Kraft nicht mehr, der Depression noch etwas entgegenzusetzen. Und das Schlimme ist: Neben der Trauer und den Schuldgefühlen, konnte ich sie immer auch verstehen. Ich kenne die Ausmaße der verhängnisvollen Gemütskrankheit, bin ich doch selbst ein geschundenes Opfer von ihr. Und dennoch versuche ich, ihr meine stärkste Waffe entgegenzusetzen: Meinen Humor, denn: „Humor ist das tiefe Einverständnis mit der Absurdität unserer Existenz“. Ohne Humor würde ich vieles nicht durchstehen. Außerdem bin ich angewiesen auf viel Zeit. Und Menschen, die meine Gefühlsschwankungen mit mir aushalten. Die die Leere in mir aushalten und meinen uferlosen Grübeleien einen Rahmen geben. Ich habe versucht, meine unsichtbare Erkrankung sicht- und greifbar zu machen-für meine Familie & Freunde. Ich habe einen Brief an meine Depression geschrieben…eigentlich würde ich ihn gern öffentlich machen, aber er ist halt auch das Persönlichste, was ich je geschrieben habe. Auf jeden Fall hat er dabei geholfen, die Depression für Angehörige nachfühlbar zu machen und mich zu zeigen, wenn ich es am wenigsten kann.
So, wie diese Ausstellung: „Ich sehe was, was du nicht siehst“.
ANNA
Meine Besonderheit ist nicht äußerlich sichtbar. Weder Narben noch Male. Meine Besonderheit liegt im Inneren verborgen. Ich habe Multiplesklerose. Das bedeutet Alles und Nichts. Ich stehe noch ganz am Anfang. Nichts schränkt mich ein. Da ist nur diese dunkle Wolke, die mich stets begleitet. Ich mag meinen Körper so wie er ist… mittlerweile. Er hat drei Leben geschaffen. Ich bin etwas anderes als Kilos auf der Waage oder reine Haut. Ich bin Optimismus und Ruhe. Und in meinem Kopf ist eben eine Zeitbombe, aber das ist ok.
ANIKA
Wenn ich an mich und meinen Körper denke, darf ich mir eingestehen, dass wir schon sehr, sehr lange eine recht schwierige Beziehung führen.Annahme, Hingabe und Selbstliebe waren für mich immer sehr schwer. 3 Schwangerschaften, ein Kaiserschnitt, Stillen und gesundheitliche Probleme machten es nicht besser.
Im Gegenteil. Meine Haut ausgeleiert. Gerissen. Das Bindegewebe furchtbar. Mich zu zeigen, ohne meinen Schutzpanzer in Form von möglichst langer Bekleidung, machte etwas mit mir. Ich fühlte mich schutzlos. Ausgeliefert. Eben nackt. Ein unwohles Gefühl breitete sich in mir aus. Darum habe ich derartige Situationen immer bewusst gemieden. Das wollte ich nicht mehr und begab mich auf eine Reise. Eine Reise zu mir selbst. Eine Reise, dessen Ziel die Selbstliebe ist. Ich begann meinen Fokus zu verlagern. Den ewigen Kampf aufzugeben. Anzunehmen und dankbar zu sein. Mein Bewusstsein dafür zu sensibilisieren, wie wunderbar so ein Körper - mein Körper - doch eigentlich ist. Wie dankbar ich ihm dafür sein darf, dass er mich schon so viele Jahre durch das Leben begleitet. Ich in ihm ein Zuhause habe. Und was er für ein Wunderwerk ist. 3 Kinder durften in ihm heranwachsen. Sie wurden geboren und genährt. Und je mehr ich mir all dessen bewusst wurde, desto leichter wurde es, erstmals etwas wie Liebe für mich und meinen Körper zu empfinden.
Ich sehe Kreativität, Neugier und Lebensfreude. Ich sehe die Liebe zu gutem Essen, der Natur und den Romanen von Ewald Arenz. Doch vor allem sehe ich Unsicherheit. Die Unsicherheit darüber nicht zu genügen, etwas Falsches zu tun, nicht richtig zu sein. Für andere unsichtbar, sehe ich ihr tagtäglich ins Gesicht. Hinter meist lauter Präsenz versteckt sich der stumme Zweifel an der eigenen Wertigkeit. Tag für Tag begebe ich mich auf eine nicht enden wollende Suche nach etwas, das Sicherheit verspricht. Sicherheit darüber, dass es reicht – dass Ich reiche. Wohl wissend, dass diese nur im Selbst zu finden ist, ist es gerade das, was mir Angst macht. Und doch, auch wenn die Unsicherheit meine stetige Begleiterin ist, möchte ich mutig sein und frei. Ich lache, liebe und weine und erinnere mich so oft ich kann daran, dass es genau das ist, was mich ausmacht und was ich wertschätzen darf.
Du bist toll, genauso, wie du bist. Du darfst alles sein und du darfst auch deine Meinung ändern. Verstecke dich nicht. Das wäre ein Verlust. Sag deine Meinung, sie ist wichtig. Sag, was du denkst, deine Gedanken sind sind richtig, deine Gefühle auch! Deine Gefühle sind immer richtig, immer! Du bist schön, zeige dich. Frage, wenn du etwas nicht verstehst. Du hast immer eine Antwort verdient. Sei laut, wenn dir danach ist, bleib leise, wenn dir danach ist. Sei immer du. Sei. Denn du bist einmalig. Du bist. Und das ist genug.
Danke von Herzen an all die Frauen, die mir ihr Vertrauen geschenkt haben. Für immer werde ich mich mit euch ganz besonders verbunden fühlen. Danke an meinen Mann, der mich immer so sehr unterstützt, für die Ausstellung geschraubt und gewerkelt hat und mir immer Mut zugesprochen hat, wenn ich es gebraucht habe. Danke an Pietro und Stefan von der Fotocompany Altona, die Stunden über Stunden mit mir in der Druckerei gesessen und über Format und Papier gefachsimpelt haben. Und danke meine liebe Anastazja, dass du immer ein offenes Ohr für mich hattest. Ich weiß nicht, ob ich es ohne dich so geschafft hätte. Auch bei meiner Freundin Laura möchte ich mich bedanken. Danke, dass du mir beim Aufbau geholfen hast und mit mir den ersten Sekt geköpft hast. Danke auch an meine liebe Anna, die diesen Tag mit einer Meditation eingeläutet hat und an Mia und Hendrik, die uns musikalisch begleitet haben. Und an Meike, die für mich ein paar Eindrücke mit ihrer Kamera festgehalten hat. Danke auch an Beyondtales-Studio für die wunderschöne Location und das Mitfiebern. Danke auch an alle die gekommen sind und die Last und Sorge, dass niemand kommen wird, weggepustet haben. Was für ein großer Tag und wunderbare Erfahrung!
0176 977 460 78
©2024 Janine Oswald
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©2024 Janine Oswald